“This dress is bigger than me,” sagt Modeschöpferin Diane von Furstenberg über ihr berühmtes Jersey-Wickelkleid, “the wrap dress”, das dieses Jahr 40. Geburtstag feiert. Was der britische Designer Michael Herz (Artistic Director bei DvF) aus ihren Archiv-Kleidern jetzt macht, sei beeindruckend, sagt sie. Wie er Stoffe wählt, die einzelnen Bestandteile neu zusammenlegt…
Diane von Furstenberg, die sich von den Ü-Punkten ihres frühen Ehemannes Egon von Fürstenberg schon längst verabschiedete, nimmt sich nicht zu ernst. Sie ist eher pragmatisch: den schicken Namen behalten, klar. Die Ü-Punkte stören aber in den USA.
Im Gespräch mit Mytheresa-Kreativchefin Paula Reed vorletzte Woche in München sagt sie, dass sie natürlich genervt sei, immer und immer wieder mit dem Wickelkleid in Verbindung gebracht zu werden, doch es finanzierte ihr die Miete, die Ausbildung ihrer Kinder, das Haus auf dem Land, das Apartment auf der Park Avenue und schließlich auch den Bentley. Das ist ihr Humor. Auch, wenn sie sagt, dass die Studio 54-Zeit (“perfect pick-up place”) so herrlich war, weil es die Pille zwar schon gab, aber AIDS noch nicht.
Was sie jungen Frauen fürs Leben rät? Sich treu zu bleiben. Ihr Ansporn: “I knew the kind of woman I wanted to be.” Welche Frau möchtest Du sein? Diane von Furstenberg wollte immer eine unabhängige Frau sein, die Auto fährt und, die ihre Rechnungen bezahlen kann.
Im November erscheint ihr neues Buch “The Woman I Wanted to Be”. Warum sie es geschrieben hat? “Ich war nie in Therapie,” lautet ihre Antwort. Und damit ist sie vermutlich die Einzige auf der Park Avenue. Vermutlich hatte sie schlicht keine Zeit dafür, was umso besser für uns ist. So haben wir bald etwas von ihrer Art der Therapie. Sie erzählt, sie habe es mit ihrem Blut geschrieben und Leute, die es bislang lesen durften, mussten weinen. Was würde ich dafür geben, es als Sommerlektüre in den Urlaub mitzunehmen!
Spannend wird es allemal. Ihr Name sei zu einer “brand at risk” geworden, schreibt DvF in ihrem 1998 veröffentlichten Buch “Diane: A Signature Life” und, wie es sie herunterzog. Doch sie zog sich wieder hoch, indem sie beispielsweise Anfang der Neunzigerjahre den Homeshopping Kanal QVC für sich nutzte und so das Geld für den Relaunch des Wickelkleides 1997 bewerkstelligte. Fairer Weise gilt es zu erwähnen, dass ihr Langzeitfreund und heutiger Ehemann, der Medienmogul Barry Diller, sich zur gleichen Zeit mit 25 Millionen Dollar an diesem Sender beteiligte. Darüber bin ich in Dillers Biographie gestolpert. Und ich bin gespannt, was ich davon in DvFs neuen Buch finden werde. Hat sie, wie Coco Chanel einst, ihren Männern etwas beweisen wollen? DvF erzählt im Museum Brandhorst, dass der Job heute genau so hart sei wie damals und kokettiert: “Deshalb sehe ich so aus.” Bei der Beobachtung ihrer lebhaften Mimik fällt auf, dass großartige Frauen ohne Botox auch großartig aussehen. Auch eine Seltenheit auf der Park Avenue. Das muss dieses Selbstbewusstsein sein, dass sie mit ihren Kleidern zu verkaufen weiß…
Diane von Furstenberg wünscht sich, dass ihre Mode die beste Freundin im Kleiderschrank einer Frau ist. Man möge auch dann zu ihren Kleidern greifen, wenn man morgens noch geschwollene Augen hat und sich nicht gut fühlt. Ich unterschreibe ihr die Erfüllung dieses Wunsches sofort. Es stimmt, dass ihre Kleider den Tag gefühlt schon einmal retten. Zu wichtigen Geschäftsterminen oder zum ersten Date ist ein Kleid von ihr so hilfreich wie das Telefonat mit der besten Freundin zuvor. Ihre Kleider wiegen dich in Sicherheit. Modeleute und Nicht-Modeleute schätzen sie gleichermaßen, denn sie sind gekonnt, nicht gewollt. Oder, wie es Diane von Furstenberg es ausdrücken würde: “Die Frau, die ich werden wollte, wurde ich sehr früh, mit 25 Jahren. Ich wurde diese Frau mit Hilfe des Wickelkleides… Es machte mich selbstbewusst und diese Selbstbewusstsein verkaufte ich anderen Frauen… Man kann Emotionen nur verkaufen, wenn man welche hat.” Dabei achtet die belgisch-amerikanische Designerin immer auf Tragekomfort.
Paula Reed fragt DvF, ob Designerinnen besser für Frauen designen können als männliche Designer. Von Furstenberg erinnert sich an ein Abendessen, bei dem sie neben Designer Christian Lacroix saß: “Lacroix sagte: Designerinnen entwerfen Kleider, Designer entwerfen Kostüme.” Sie betont, dass er das so gesagt habe und nicht sie. Alles, was sie hinzufügen möchte ist, dass sie Jersey liebt (“easy and comfotable to wear”), so wie wir es auch von Madame Grés,Donna Karan, Madeleine Vionnet und Coco Chanel kennen. Männer mögen es nicht, führt sie fort, denn es sieht nicht so schön aus wie Duchesse Satin.
In der Phase, in der sie nicht arbeitete, habe sie Jacken von Yves Saint Laurent (Mann) zu Röcken von Azzedine Alaïa (Mann) oder zu Hosen von Romeo Gigli (Mann) getragen. “Und dann, als ich mich sehr unsicher fühlte, kaufte ich Lacroix Couture, habe sie aber nie getragen,” erzählt sie und lacht.
Welche Frau möchtet Ihr gern sein? Schreibt es uns und den anderen Lesern in der Kommentarfunktion…
Fotos: Mytheresa.com(3), Sandra Krutzsch(1)