Gedanken zum Tag und Kurznachrichten aus der Mode

Ich bin gerade mit den Gedanken weit weg von der Mode: Im Süden von Paris ist die Polizei weiter bei der Verfolgung der Attentäter der Karikaturisten von Charlie Hebdo. Wieder wurde geschossen, diesmal scheinbar Geisel genommen. In meinem alten Wohnviertel hat sich der Todeschütze von gestern aus Montrouge in einer Metzgerei verschanzt und auch wieder geschossen.

In meinem E-Mail Account häufen sich die Mails meiner, meist politischen Journalisten-Kollegen vom Weltreporter-Netzwerk, die eine heiße Diskussion führen, ob und wie man auf das Attentat als Journalisten-Vereinigung korrekt reagieren soll. Sie alle wollen nicht in den rassistischen Tenor, den man in anderen Medien finden kann, abdriften und suchen nach Worten. Meine französischen Kollegen in Toulouse und im Vorort von Paris sitzen an Hintergrund-Stories zum Geschehen. Ich aber fühle mich gerade sehr weit weg von ihnen mit meinen Themen rund um Taschen, Schals und Blusen.

Instagram Jean-Paul Gaultier: Mitarbeiter und Designer des Modehauses bekunden ihre Trauer zum Attentat auf Charlie Hebdo.

Instagram Jean-Paul Gaultier: Mitarbeiter und Designer des Modehauses bekunden ihre Trauer zum Attentat auf Charlie Hebdo.

Doch anderderseits ich bin die einzige unter ihnen, die in Paris Zentrum wohnt und die ein Kind in einer Schule hat, deren heutiger Ausflug in die nahe gelegene Kirche aus Sicherheitsgründen abgesagt wurde. In den Kaufhäusern in Paris wurden die Sicherheitskontrollen verschärft und die Leute auf der Straße haben kein anderes Thema mehr. Diskutiert wird, ob man am Sonntag zur Demo geht oder nicht. Parallel sprudeln in mein Mailfach die Infos über die derzeit stattfindende London-Fashionweek und ich schreibe gerade die Anmeldungen für die kommende Herrenmodewoche und die Haute-Couture-Schauen. Mein Beruf macht mich nachdenklich, aber auch die Mode – wie übrigens alle anderen Branchen auch –  hält nicht inne angesichts von Greueltaten. Auch sie produziert Nachrichten, die geschrieben werden wollen. Also reiße ich mich zusammen und mache meinen Job.

Kurznachrichten aus der Mode:

1. Mercedes Benz zieht sich als Sponsor der New York Fashionweek zurück.

Bildschirmfoto 2015-01-09 um 12.44.44Einen guten Text zum Thema hat die Vogue. Tja und einen guten Text dazu hat auch die NZZ, bzw. unser geschätzter Kollege Jeroen von Roojien, der meint, dass diese News ´ eine gute Nachricht ist, denn “Mode ist keine Kirmes”. Oder soll man sagen eine Modewoche ist keine IAA, also eine Automobilausstellung. Was da die Autos in den Modehallen sollten, habe ich eh nicht verstanden.

New York ist längst aus den Kinderschuhen entwachsen, um noch so einen großen Sponsor zu brauchen, meine ich. Es ist eine Überlegung wert, das Modell von Mailand und Paris mit der Modekammer auch dort zu installieren. Das wirkt weniger kommerziell. Doch IMG scheint schon wieder das dicke Business zu riechen. Die Fashionweek New York verliert nur einen Sponsor, nicht ihre wichtigsten Designer. Also alles nur halb so wild.

2. Coach kauft Stuart Weitzmann

Bildschirmfoto 2015-01-09 um 14.09.49Vor drei Tagen meldete der Investmentdienst Moodys, dass das amerikanische Accessoires-Unternehmen Coach den Schuhhersteller Stuart Weitzman kaufen will. Inzwischen gibt es mehr Details zum Deal: Reuters meldet, dass Stuart Weitzman, deren Marke der Private Equity Firma Sycamore Partners gehört, auf einen Wert von 574 Millionen Dollar geschätzt wird. Coach zahlt 530 Mio.$ an Sycamore und weitere 44 Mio. $ bei Erreichen von bestimmten Umsatzzielen in den nächsten drei Jahren. Der Verkauf wurde Anfang der Woche vereinbart und die Übernahme soll im Mai abgeschlossen sein. Das Unternehmen Coach, das eher für sehr klassische Taschen bekannt, war in den letzten Jahren gegenüber Konkurrenten wie Michael Kors ins Hintertreffen geraten und hat in Folge stark an der Modernisierung seines Sortiments gerabeitet. Mit der Übernahme stärkt das in New York angesiedelte Unternehmen seine Position.

3. Erminio Cerbone übernimmt bei Pollini

Bildschirmfoto 2015-01-09 um 14.38.24Der britische Designer Nicolas Kirkwood hat den italienischen Schuhhersteller Pollini verlassen, nachdem er von 2008 bis jetzt dort die kreative Leitung inne hatte. Kirkwood will sich verstärkt seiner eigenen Marke widmen. Nun steht sein Nachfoger fest: Erminio Cerbone übernimmt zur aktuell anstehenden Saison Winter 2015/16. Der noch weitgehend unbekannte Designer hat lange bei Prada gearbeitet in der Mode und den Accessoires, sowie den Damen und Herrenschuhen wie auch für Miu Miu. Später für Dolce & Gabbana, Jil Sander, Armani und als Berater für andere bekannte Firmen.

Pollini bekannt für sein reiches Erbe will mit ihm eine neue, modernere Strategie einläuten, ohne auf das Handwerk “Made in Italy” verzichten zu wollen. Antonella Tomasetti, Managing Director von Pollini, sagte: “We chose Erminio Cerbone because his training and stylistic vision reflects our culture, balancing product knowledge with a fashionable point of view. We are confident that, with his talent and experience, Cerbone will successfully express the ‘made in Italy’ philosophy which has always inspired and defined Pollini.”

Pollini gehört zur Aeffe Group.

Fotos: Screenshots der jeweiligen Websiten

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