Auf der Fashion Week gab es zwischen den Schauen vor allem ein Gesprächsthema: Der Closing Sale im Departmentstore Quartier 206. Am 28. Februar 2017 macht Berlins erster Concept Store und das jahrelang unangefochtene Shopping-Highlight in der Friedrichstraße 71 nach rund 20 Jahren dicht. Bis dahin gibt’s 30% auf Beauty und 60% auf die Klamotten.
Der Grund für die Schließung sind angeblich Sanierungsarbeiten im Gebäude, die zuvor schon andere Einzelhändler aus dem Luxussegment wie Gucci vom Quartier in die Galeries Lafayette oder in Richtung Ku’damm umziehen ließen. Ich freue mich immer über Sale-Preise, aber bei der Schnäppchenjagd kam zwischen Schuhen von Manolo Blahnik, Miu Miu und Prada schnell Wehmut auf. Was bedeutet die Schließung für die Modestadt Berlin?
„Wir haben Stil, Glanz und Internationalität nach Berlin gebracht, als die Stadt noch nicht hip und trendy war. Wir waren Vorreiter und Trendsetter der noch jungen Hauptstadt Berlin und haben die Einkaufslandschaft in Deutschland entscheidend verändert. Wir haben unseren kleinen Beitrag dazu geleistet, Berlin wieder zu einer international gefragten Metropole zu machen“, erklärt die Departmentstore-Gründerin Anne Maria Jagdfeld im der offiziellen Presseerklärung. Lange Zeit galt sie neben Angelika Taschen als eine der wichtigsten Stilbotschafterinnen der Hauptstadt, aber auch um sie ist es in letzter Zeit ruhig geworden. Hat der Departmentstore seinen eigenen Relaunch verschlafen?
Immerhin gibt es nicht nur um die Ecke bei The Corner Berlin und den bereits erwähnten Galeries Lafayette, sondern vor allem online eine immer stärker werdende Konkurrenz, die nicht nur mit einer größeren Auswahl, zum Teil günstigeren Preisen, Sale-Aktionen und Express-Versand lockt, sondern inzwischen viele Labels bzw. Kollektionsteile exklusiv verkauft.
Anderen Shops gelang dagegen eine 180-Grad-Wende: Die Galeria Kaufhof am Alexanderplatz wartet jetzt mit einem Topshop, Vintage-Taschen von Louis Vuitton und Hermés (verkauft durch LXR & Co.) und kundenfreundlichen Ständen von Beautymarken wie MAC oder Benefit auf. Die Geschäftsleitung hat kapiert: Luxus muss für alle zugänglich sein, damit Wünsche überhaupt erst entstehen können. Zickige Verkäuferinnen, die auf Provision angewiesen sind, verschrecken dagegen die Kundschaft, die einfach gerne auch „nur mal gucken will“
Hinter vorgehaltener Hand wird gemunkelt, im Departmentstore sei nicht immer mit rechten Dingen zugegangen, aber meine Kollegin Pia Sundermann, die sich früher für die Redaktionsleitung des Onlineshops des Departmentstore verantwortlich zeichnete und heute Editor-at-Large bei Stylebook ist, stellt richtig fest:
„Ich finde es schade, dass der Departmenstore Quartier 206 schließt. Für mich war der Concept Store nicht nur ein Augenschmaus, sondern auch die Anlaufstelle Nr. 1 in Berlin – und zwar noch vor dem KaDeWe –, weil ich immer besondere, einzigartige Schätze gefunden haben, besonders aus dem Beauty-Bereich. Mein Lieblingsparfum „Bal d’Afrique“ von Byredo wurde erstmalig dort zum Kauf angeboten, bevor es alle anderen hatten.“
Für viele Designer war der Departmentstore ein Sprungbrett. Ich erinnere mich an die Zeiten, in denen es dort nicht nur Luxusmarken, sondern auch die Kollektion von Lala Berlin und die Nagellacke von Uslu Airlines, beides Unternehmen aus Berlin, gab.
Jessie hat im Departmentstore eine ihrer ersten Céline-Taschen gekauft.
Dass es bald die Tüten mit dem schwarz-weißen Rautenmuster nicht mehr geben wird, ist nicht nur traurig, sondern hält mir persönlich den Spiegel vors Gesicht: Auf der einen Seite beschwere ich mich über fehlende Einkaufsmöglichkeiten sowohl in meiner Heimatstadt Bonn, als auch meiner Wahlheimat Berlin und vermisse den früher mit Freundinnen fast jedes zweite Wochenende üblichen Schaufensterbummel, auf der anderen Seite kaufe ich das meiste von meinem Zeug, sei es Mode, Beauty oder Interior, doch selber längst online.
Dabei macht man nur im Einzelhandel solche Erfahrungen wie ich beim Closing Sale im Departmentstore Quartier 206: Auf der Isabel-Marant-Stange hing neben Jeans, Röcken und Blusen noch eine Jacke mit asymmetrischem Verschluss. Bis dahin dachte ich, dass ich schiefe Verschlüsse nicht mag, aber siehe da: Beim Anprobieren in der geräumigen Umkleidekabine mit großem Spiegel entpuppt sich das Alpaka-Teil wie für mich und den Babybauch gemacht.
Als ich nach dem Bezahlen die in meinem Leben wohl letzte schwarz-weiße Departmenstore-Tüte in Empfang nehme, steht fest: Das Ding behalte ich auf jeden Fall als Erinnerung an einen Laden, der Berlin einmal mehr zu einer der aufregendsten Städte der Welt werden ließ.
Der Beitrag Der Departmenstore Quartier 206 schließt seine Türen – was bedeutet das für die Modestadt Berlin? erschien zuerst auf Journelles.
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